Fragen und Antworten zur Tierhomöopathie
Die Tierhomöopathie wird von Tierärzten und und Tierheilpraktikern der Fachrichtung Homöopathie ausgeübt. Der Begriff „Veterinärhomöopathie“ bezieht sich gemeinhin auf die tierärztliche Homöopathie, während „Tierhomöopathie“ ganz allgemein die Anwendung der Homöopathie an Tieren unabhängig von der Ausbildung des Anwenders bezeichnet. Die nicht-ärztlichen Anwender der Homöopathie bezeichnen sich selbst als „Tierhomöopathen“ oder „Tierheilpraktiker“.Die Tierhomöopathie nimmt ihre Anfänge nahezu zeitgleich mit der Humanhomöopathie [1]. Methodik und Grundlagen sind im Wesentlichen identisch mit der Humanhomöopathie[2].
Welche Tiere kann man homöopathisch behandeln?
Grundsätzlich kann man jedes Tier homöopathisch behandeln.
Welche Ausbildung hat ein Tierhomöopath?
Tierärzte müssen, um sich als Fachtierärzte für Veterinärhomöopathie bezeichnen zu dürfen, eine von der Tierärztekammer anerkannte Fortbildung durchlaufen haben. Für nicht-tieräztliche Tierhomöopathen gibt keine einheitlich vorgeschriebene Ausbildung. Eine qualifizierte Ausbildung folgt allerdings in Umfang und Inhalt der Ausbildung mindestens den Anforderungen an eine homöopathischen Ausbildung für Tierärzte.
Wie ist die Fortbildung geregelt?
Eine Verpflichtung zur Fortbildung gibt es für Tierärzte sowie für Tierhomöopathen, die einem Verband angeschlossen sind, der zu einer regelmäßigen Fortbildung verpflichtet. Die Berufsordnung der Kooperation deutscher Tierheilpraktiker Verbände e.V.[3] sieht z.B. eine einheitliche Verpflichtung zur Fortbildung für alle Tierheilpraktiker, die in ihren Verbänden zusammengeschlossen sind, vor.
Welche Medikamente darf ein Tierhomöopath anwenden?
Grundsätzlich arbeiten Tierhomöopathen entweder mit potenzierten Hochpotenzen als Einzelmitteln (klassische Tierhomöopathie) oder mit homöopathischen Komplexmitteln. Sowohl die Einzelmittel als auch die Komplexmittel sind registrierte Arzneimittel und apothekenpflichtig. Tierhomöopathen dürfen selbst keine Arzneimittel herstellen oder verkaufen.
Bei Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, gibt es keine Einschränkungen im Hinblick auf die anwendbaren Arzneimittel. Bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, dürfen Tierhomöopathen nur solche Homöopathika anwenden, die für die zu behandelnde Tierarzt und die zu behandelnde Krankheit (Indikation) zugelassen sind, § 58 Arzneimittelgesetz.
Ist die Wirkung der Tierhomöopathie wissenschaftlich belegt?
Ihre Wirksamkeit ist nicht im gleichen Maße wie in der Humanhomöopathie durch klinische Studien belegt[4]. In vielen Studien ist eine Wirkung belegt, während der Mechanismus der Wirkung jedoch bisher nicht eindeutig erklärbar ist. Weitere Forschung ist erforderlich. Die Erfahrung der Therapeuten und die Rückmeldungen der Tierhalter lassen jedoch annehmen, dass die Wirksamkeit bei Tieren der bei Menschen vergleichbar ist.
Wie unterscheiden sich Tierhomöopathie und Humanhomöopathie?
Methodik und Grundlagen der Tierhomöopathie sind im Wesentlichen identisch mit der Humanhomöopathie. Unterschiede zur Humanhomöopathie liegen darin, dass Behandler umfangreiche Kenntnisse über Anatomie, Physiologie, Pathologie, Toxikologie, Pharmakologie und insbesondere Verhaltenskunde der behandelten Tierarten verfügen müssen.
Ist die Anwendung der Tierhomöopathie sicher?
Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Anwendung von Homöopathika in einer Verdünnung von 1:10.000 – das entspricht einer Potenzstufe von D 4 und höher - ohne Gefahren für Tiere, Menschen, Rückstände in Lebensmitteln oder die Umwelt.[5]
Wie ist der Beruf des Tierhomöopathen geregelt?
Für Tierhomöopathen, die nicht Tierärzte sind, gibt es kein gesetzlich geregeltes Berufsbild. Die Ausübung ist grundsätzlich frei und durch das grundgesetzliche Recht auf freie Berufswahl und freie Berufsausübung geschützt (Art. 12 GG). Die Ausbildung findet für Tierärzte wie für Nicht-Tierärzte an privaten Ausbildungsstätten statt [6], die Qualitätssicherung erfolgt durch Berufs- und Prüfungsordnungen verschiedener Verbände[7].
Der rechtliche Rahmen ergibt sich aus den allgemeinen Gesetzen, insbes. dem Tierschutzgesetz, Tiergesundheitsgesetz, Arzneimittelgesetz (AMG), Heilmittelwerbegesetz u.a. Die einschneidendste Einschränkung für die Tätigkeit ergibt sich aus § 58 AMG: Danach dürfen Tierhomöopathen Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nur Arzneimittel verabreichen, die für die betroffene Tierart und Indikation zugelassen sind. Damit scheiden registrierte Homöopathika für die Behandlung aus, da die Registrierung als vereinfachtes Zulassungsverfahren keine Angabe der Zieltierart und der Indikation vorsieht[8]. Da es nur sehr wenige tierartspezifisch zugelassene Homöopathika gibt, stellt dies eine erhebliche Einschränkung der Tätigkeit der nicht-ärztlichen Tierhomöopathen dar[9]. Nimmt man hinzu, dass der Begriff der „Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen“, auch Pferde, Esel, Kaninchen und Geflügel erfasst, wird erkennbar, dass der gesetzliche Rahmen formal sehr eng gefasst ist. In der Praxis ist allerdings (derzeit noch) ein gewisse Toleranz der Behörden gegenüber der Anwendung registrierter Homöopathika bei lebensmittelliefernden Tieren erkennbar.
Es ist anerkannt ist, dass von registrierten Homöopathika keine Gefahren für Menschen, Tiere oder Umwelt ausgehen, s.o. Daher ist fraglich, ob das Anwendungsverbot für registrierte Homöopathika an lebensmittelliefernden Tieren vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verbürgten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Bestand haben kann. Rechtlich und therapeutisch sinnvoll und geboten wäre es, die Anwendung registrierter Homöopathika generell an allen Tieren und durch alle die Berufsgruppen, die die Tierhomöopathie ausüben, zu gestatten [10]. Die EU-Tierarzneimittelverordnung sieht Möglichkeiten vor, diese Einschränkungen abzubauen [11].
Was kostet eine Behandlung beim Tierhomöopathen?
Nicht-tierärztliche Tierhomöopathen sind grundsätzlich berechtigt, die Höhe ihrer Honorare frei zu bestimmen. Eine Orientierung bieten die Gebührensätze für Humanheilpraktiker/Humanhomöpathen(GebüH oder LVKH). Tierhomöpathen, die verbandlich organisiert sind, halten sich üblicher Weise an eine Gebührenordnung ihres Verbandes.[12]
Welchen Beitrag leisten Tierhomöopathen für die Tiergesundheit und für die Wirtschaft?
Wie ist die Interessenvertretung der Tierhomöopathen organisiert?
Es gibt derzeit zwei Fachverbände, in denen sich Tierhomöopathen zusammenschließen können:
Beide Verbände sind Mitglieder der Kooperation deutscher Tierheilpraktiker Verbände e.V., einem Dachverband von fünf Tierheilpraktikerverbänden [14].
Tierhomöopathen können sich, da sie Tierheilpraktiker sind, aber auch allen Tierheilpraktiker-Verbänden anschließen.
Stand: April 2019
Verfasserin:
Dr. iur. Ricarda Dill (BKTD)
www.tierheilkunde-owl.de
rd@tierheilkunde-owl.de
[1] Zur Geschichte der Tierhomöopathie: Ekert, Geschichtliche Entwicklung der Veterinärhomöopathie, Zeitschrift für ganzheitliche Tiermedizin, 2013, S. 78 – 81; Backert-Isert, Clemens Maria Franz von Bönninghausen und seine tierhomöopathische Praxis in ihrem therapiegeschichtlichen Kontext, Diss. 2006, http://www.igm-bosch.de/content/language2/downloads/backert_isert.pdf; Knafl, in: Kurzlehrgang in Homöopathie, 2010, http://www.knafl.at/homoeopathie/kurzlehrgang-homoeopathie/kurzlehrgang-homoeopathie-von-dr.-peter-knafl/#_Toc502806098
[2] Grundlagenliteratur: Millemann/Osdoit, Homöopathische Tiermedizin, 2006; Saxton, Textbook of Veterinary Medicine, 2005; Schmidt (Hg.), Grundkurs in klassischer Homöopathie für Tierärzte, 3. Aufl. 2003.
[4]
Datenbank HomVetCR (Clinical Research on Veterinary Homeopathy) der Carl und Veronica Carstens-Stiftung, https://www.carstens-stiftung.de/datenbanken-und-fachliteratur.html
Weitere Forschungsberichte: International Association for Veterinary Homeopathy, https://www.iavh.org/de/fuer-tieraerzte/forschung/
Robert Medhurst, http://holisticvet.co.uk/wp-content/uploads/2014/07/Research-in-Homeopathy-3.pdf,
Association for Natural Medicine in Europe e.V. (ANME): http://www.anme-ngo.eu/de/camineuropa/forschung/datensammlung.html,
Mathie RT, Clausen J. Veterinary homeopathy: systematic review of medical conditions studied by randomised placebo-controlled trials. Vet Rec. 2014 Oct 18;175(15):373-81. doi:
10.1136/vr.101767, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25324413
Die Datenbank Tierfundus dokumentiert seit 2012 Fälle aus der klassischen Tierhomöopathie: https://www.tierfundus.de
[5] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann u.a., Drucksache 18/6305 vom 4.11.2015, Auswirkungen der Tierarzneimittel-Verordnung der Europäischen Union auf die alternative Tiermedizin, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/065/1806558.pdf; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter u.a., Bundestags-Drucksache 16/5573 vom 11.6.2007, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/16/055/1605573.pdf; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Klappert u.a., Bundestags-Drucksache 13/2884 vom 31.10.1995, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/028/1302824.pdf
[6] Die Lehrgänge für die tierärztliche Homöopathie sind üblicherweise auf Tierärzte beschränkt und durch die Fortbildungsregelungen der Tierärztekammern reguliert. Die Lehrgänge für die nicht-ärztliche Tierhomöopathie stehen i.d.R. Angehörigen aller Berufsgruppen offen.
[7] Es gibt zwei Fach-Berufsverbände für klassische Tierhomöopathen: Berufsverband klassischer Tierhomöopathen Deutschlands e.V. - BKTD -, Verband der Tierheilpraktiker für klassische Tierhomöopathie – VTkH -. Beide sind Mitglied der Kooperation deutscher Tierheilpraktiker Verbände e.V., einer Dachorganisation von fünf Tierheilpraktikerverbänden. Daneben gibt es mehrere weitere Tierheilpraktikerverbände, die Tierhomöopathen als Mitglieder vertreten. Die wichtigste Berufsvertretung für die homöopathisch arbeitenden Tierärzte dürfte die International Association for Veterinary Homeopathy (IAVH) sein. Ihre deutsche Sektion ist die Gesellschaft für ganzheitliche Tiermedizin (GGTM).
[8] Tierärztliche Tierhomöopathen können diese Hürde im Wege der sogenannten Umwidmungskaskade (off-label use), § 56a AMG, überwinden. Die EU-Tierarzneimittelverordnung wird Tierärzten die Anwendung registrierter Homöopathika künftig erheblich erleichtern, da das Erfordernis der Umwidmungskaskade gem. Art. 112 – 114 EU-Tierarzneimittelverordung auf registrierte Homöopathika nicht mehr anwendbar sein wird.
[9]
Der rechtliche Regelungsansatz, Medikamente nach Tierarten und Indikationen einzuteilen, widerspricht
diametral dem methodischen Ansatz der Homöopathie.
Die Ungleichbehandlung, die dadurch im Verhältnis zu den nichtärztlichen Tierhomöopathen entstehen wird, entbehrt jedes sachlichen Grundes und dürfte damit relevant im Hinblick auf den
allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) sein.
[10] Zu berücksichtigen wäre hierbei einzig die EU-Rückstandshöchstmengenverordnung, die – präparatebezogen - „sichere“ Ausgangsstoffe und Dilutionen beschreibt. ….. Quelle, Nr.......
[11] Die EU hat 2018 die EU-Tierarzneimittelverordnung verabschiedet, die 2022 in Kraft treten wird. Darin überantwortet die EU die Regelung der Anwendung von registrierten Homöopathika den Mitgliedstaaten. Einzelheiten zum Gesetzgebungsverfahren und dessen Bedeutung für die Tierhomöpathie s. Ricarda Dill, EU-Tierarzneimittelverordung, Rückblick und Ausblick 2019, tierhomöpathie, H. 1, 2019 (erscheint im Februar 2019)
[12]
Z.B. Gebührenverzeichnis des BKTD e.V.: https://bktd.com/fuer-tierhalter/gebuehrenverzeichnis/
[13] Der Umsatz aller Tierheilpraxen wurde für das Jahr 2013 auf etwa 90 Mio. Euro/Jahr geschätzt. (Quelle: Prof. Dr. Renate Ohr, Universität Göttingen, Heimtierstudie „Wirtschaftsfaktor Heimtierhaltung“, November 2014, http://www.uni-goettingen.de/de/heimtierstudie-zum-wirtschaftsfaktor-heimtierhaltung/425385.html)